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Dienstag 14.07.98

An diesem Tag hatten wir uns viel vorgenommen, nämlich die Strecke bis hin zum Myvatn zu bewältigen. Noch vor dem Frühstück nahmen wir die letzten Kilometer des Passes, den wir ca. vierzig Minuten später, nach etlichen kurzen Verschnaufpausen erreichten. Für das Frühstück war es uns auf dem Pass zu kalt, so dass wir zuvor noch ins Flusstal hinabrollten, um dort am Ufer, das schon redlich verdiente Frühstück zu verzehren. Die nun folgende, ungefähr 30 km lange Strecke, verlief durch ein breites, leicht welliges Tal, welches am Nordrand eines „großen“ isländischen Waldes lag, der unseren Augen allerdings weitgehend verborgen blieb. Die Fahrt durch diese Landschaft, wurde uns durch starken, permanenten Rückenwind versüßt, der uns sprichwörtlich, „in Windes Eile“, bis zum Godavoss, dem Götterfall blies. Dort angekommen, wurde zuallererst dem imposanten Wasserfall ein Besuch einschließlich der obligatorischen Fotos abgestattet.

Godavoss

Da wir gut in der Zeit lagen und das Wetter sehr kalt war, statteten wir der nahen Cafeteria einen Besuch ab. Dieser dehnte sich zum einen, weil wir uns im angeschlossenen Laden, nach Lust und Laune, aber auch Geldbeutel, bedienen konnten und zum anderen, weil es Kaffee und Kakao, nach einmaligem Bezahlen in Mengen gab. Oder vielleicht doch nicht ? Egal, auf jeden Fall hatten wir viel Spaß und konnten sogar noch Bewunderung - oder Mitleid ?- von einer Touristengruppe ernten, die auf warmduscherischer Weise mit dem Auto durchs Land fuhr. Aber selbst diese Reisemethode hatte bei der Touristengruppe ein „Opfer“ gefordert, nämlich eine jammernde Frau, die allen, ob sie es hören wollten oder nicht, ihre Leidensgeschichte vortrug, die allgemein als Schnupfen bekannt ist. Als nächstes malträtierte uns ein kleines, schnuckeliges Fjaell, an dessen entgegengesetztem Ende uns aber schon wieder der Supermarkt von Laugar erwartete. An dieser Stelle sei noch einmal zur Verdeutlichung angemerkt, dass man sich außerhalb der größeren Städte, wie z.B. Reykjavik oder Akureyri nicht das übliche unter einem Supermarkt vorstellen sollte, sondern sich eher das Bild eines etwas größeren Tante Emma Ladens vor Augen führen muss, in dem die Waren, zu horrenden Preisen, in den Regalen herumstehen.

Dies hielt uns aber nicht davon ab, dort einzukaufen und zu allem Überfluss, auf Jan B.´s Vorschlag hin, getrockneten Fisch zu erstehen. Bei Andree verursachte diese angeblich isländische Delikatesse kaum zu unterdrückenden Brechreiz, während die beiden Jan´s hin und weg davon waren und sogar etwas davon mit nach Deutschland nehmen wollten.

Myvatn

Nach 1 ½ weiteren, schweißtreibenden Hochebenen, erreichten wir endlich das vulkanisch noch sehr aktive Gebiet des Myvatn, dort fuhren wir zuerst entlang von Islands teuerstem Lachsfluß, der Laxa, bis zum See und schließlich noch fünfzehn Kilometer gegen den Wind um diesen herum. Angekommen am Tjaeldsteddi von Reykjalid bauten wir unser Hilleberg auf und vertrieben uns den Abend im Aufenthaltszelt mit kochen, trinken und entspannen.

Wetter : sehr kalt ( 1 – 5 °C ) und windig.
Gefahrene Strecke : 84,3 km
Schnitt : 15,18 km/h
Max : 53,8 km/h
Zeit im Sattel : fünf Stunden und dreiunddreißig Minuten.
Essen : irgendwelche Spaghetteria Instant – Nudeln.


Mittwoch 15.07.98

Nach verregneter und stürmischer Nacht, wir hatten schon mit dem Verlust von diversen Zelten gerechnet, machten sich Jan B. und Andree auf, die Umgebung des Sees zu erkunden, während Jan V. sich einen halben Ruhetag gönnte.

Nachdem die beiden, mit heißem Wasser gefüllten Grotten Storagja und Grotagja abgehakt waren, bestiegen sie das Hverfjall, einen riesigen Schutt und Asche Haufen, mit einem Krater in der Mitte. Nachdem der gut 250 Höhenmeter messende Schuttkegel erklommen war, gab es am höchsten Punkt erst einmal ein Thule, mit herrlicher, wenn auch verregneter Aussicht über den Myvatn.

Phönix

Dann ging es wieder hinunter und auf direktem Wege hinein in die Dimmuborgi, die schwarzen Burgen, welche aus Bergen erstarrter Lava bestanden und bizarre Skulpturen bildeten. Am späten Nachmittag ging es dann nach kurzem Verpflegungsstop im Ort über einen steilen Bergrücken ( 2,5 km mit einer Steigung von 12 % )und rauschender Abfahrt zum Namafjall, einem ehemaligem Schwefel – Abbaugebiet, in dem es eine Menge Schwefel, Schlamm und Touristen zu sehen gab.

Fumarolen

Nach weiteren drei Dutzend Kilometern durch grüne und schwarze Lavawüste, erreichten wir gerade noch rechtzeitig vor dem Regen die Jökullsa a Fjöllum, an deren östlichem Ufer wir das Zelt hochzogen. Auf diesen letzten Kilometern durch die Lava und Steinwüste, waren wir auch am Abzweig zur Askja vorbeigekommen, dem wir nach unserem ursprünglichem Plan hatten Folgen wollen, dessen weiterer Verlauf zur Sprengisandur jedoch für jeglichen Verkehr gesperrt war.

Wetter : regnerisch und kalt.
Gefahrene Strecke : 50,3 km
Schnitt : 14,34 km/h
Max : 58,8 km/h
Zeit im Sattel : zwei Stunden und sechsunddreißig Minuten.


Donnerstag 16.07.98

An diesem Morgen frühstückten wir wegen der unangenehmen Temperatur, die ungefähr 3°C betrug, im Zelt. Um 9.45 Uhr ging es dann los. Nach 15 km flacher Strecke folgte der erste von ca. einem halben Dutzend Pässen an diesem Tag, den wir bei „Kilometer 24“ hinter uns hatten.

nordöstliche Ringstraße

Mittlerweile befanden wir in einer unwirklichen Mondlandschaft, in der es nur noch Fels und Stein zu sehen gab. Als Ziel für die Mittagspause hatten wir uns den Hof Mödrudalur gesetzt, der nach Aussage unseres Radreiseführers, der einsamste Bauernhof Islands sein sollte. Nun ja, in den Sommermonaten scheint es nicht ganz so schlimm zu sein, denn der Besitzer hatte den glorreichen Gedanken, seine in dieser Hinsicht strategisch günstige Lage – 100 km von der nächsten Stadt entfernt – für eine Cafeteria zu nutzen, die für „Ringstraßenreisende“ fast schon ein Muss ist. Wir besuchten sie auf jeden Fall tranken, ein paar Kaffee und probierten etwas von diesem angebotenen Fettgebäck, welches unserem Krapfen gleicht, wenn man sich den Zucker weg denkt. So gestärkt, ging es wieder auf die Ringstraße, von der aus wir versuchten am Horizont den Herdubreid – einen Tafelberg mit 1682 m ü. NN - auszumachen, was aber aufgrund des verhangenen Wetters und der großen Entfernung nicht zweifelsfrei gelang.

Teerdecke

Nach diesen erholsamen Kilometern in der Ebene, stieg die R 1 wieder stetig an. Das Wetter zwischen und auf diesen Schuttbergen zeigte sich alles andere als freundlich, es war extrem windig und rattenkalt, so das wir es vorzogen, die schon längst wieder fällige Pause in der nächsten Schutzhütte zu machen. Diese fanden wir an einer Abfahrt ins nächste Tal und genossen in ihr ein paar Mjölkur – Kekse mit bestem isländischen Quellwasser. Die weitere Strecke änderte sich nicht großartig und wir kämpften von einer steinigen Anhöhe zur nächsten. Positiv war allerdings, dass wir die ganze Zeit den Wind von achtern hatten und die uns entgegenkommenden beiden Radfahrer, die sich gegen den Wind eine Anhöhe hinaufquälen mußten, nur mitleidig anlächeln konnten. Tja, mal trifft es die einen, mal trifft es die anderen, schließlich haben wir eine Woche Gegenwind auf der Kjölur gehabt und wissen ein Lied davon zu singen.

Nachdem wir den magischen sechzigsten Kilometer hinter uns hatten - der uns am Ende eines Tages stets beruhigt einschlafen ließ – beschlossen wir uns nach einem geeigneten Lagerplatz umzusehen. An einem beschaulichen Fluss schlugen wir dann, dem Meeresspiegel schon wieder erheblich näher, unser Nachtlager auf. Erstaunlicherweise, hatte uns dieser „1000 Berge“–Tag weit weniger zugesetzt als wir es erwartet hatten, wahrscheinlich haben die gut 650 km in den letzten 10 Tagen sich doch sehr positiv auf unsere körperliche Leistungsfähigkeit ausgewirkt, so dass es ja nur noch besser werden konnte.

Wetter : windig, bewölkt und sogar für uns im Juli zu kalt.
( Beate wäre wohl schon längst ein Eiszapfen )
Gefahrene Strecke : 69,9 km
Schnitt : 14,2 km/h
Max : 54,3 km/h
Zeit im Sattel : vier Stunden und fünfundfünfzig Minuten.


Freitag 17.07.98

In dieser Nacht hatte es ziemlich oft geregnet, was einen ansonsten nur stört, wenn man dringend seine Notdurft verrichten muss. Unglücklicherweise regnete es an diesem Morgen weiter, was uns vor das Problem stellte, dass wir vor dem Wochenende, unbedingt noch bis Egilsstadir kommen mußten um einige Einkäufe zu erledigen. In einer Regenpause wagten wir es dann und beluden die Räder. Pfiffigerweise hatten wir das Überdach des Hilleberg Zeltes noch stehen gelassen, so dass wir das Frühstück, geschützt vor einem Schauer, im trockenen zu uns nehmen konnten.

Gestärkt von ein paar Schokoladenriegeln ging es los. Zu Beginn begutachteten wir eins von diesen Straßenbaufahrzeugen, welchem wir diese herrlich mit dem Rad zu befahrenden Schotterstraßen verdanken konnten und das auf der anderen Flussseite übernachtet hatte. Dann ging es eine gewaltige Abfahrt hinab, die mit Sicherheit eine Menge Bremsgummi gekostet hat und die uns ins Wasserfalltal führte. Etwas Talabwärts machten wir eine Rast im Dalkaffi, einem Bauernhof mit öffentlicher Kaffeemaschine und Toilette. Nachdem wir uns aufgewärmt und den Darm mit Koffein angeregt hatten, nutzten wir die günstige Gelegenheit der warmen, sauberen und einwandfrei funktionierenden Toilette.

Als Jan V. und Andree schon wieder friedlich und reinen Gewissens im Aufenthaltsraum saßen und versuchten etwas aus einer isländischen Zeitung zu entziffern, kam Jan B. zurück und berichtete peinlich berührt, dass er ungeschickterweise verstärkter Handtuchpapier anstelle des Toilettenpapiers zur Reinigung verwand hatte und die Toilette nun hoffnungslos verstopft sei. Nach einem weiteren vergeblichen Abspülversuch oblag es ihm nun die Besitzer von diesem Vorkommnis in Kenntnis zu setzen. Nachdem ein solches Unglück über diesen beschaulichen und friedlichen Ort gekommen war, fuhren wir weiter dem Meer entgegen und mußten feststellen, dass wir nach Kilometer langer Abfahrt, kurz vor dem Meer, erneut einen Pass zu überqueren hatten.

Dieser Anstieg, über mehrere Kilometer und gegen den Wind machte uns arg zu schaffen. Zu allem Überfluss lag die mühsam erklommene Hochebene in den Wolken, so dass wir langsam aber sicher durchnässt wurden. Aber auch dieses Unheil nahm sein Ende und wir erreichten glücklich Egilsstadir, wo wir uns erst einmal in der Sitzecke des Supermarktes niederließen und ausgiebig speisten. Wahrscheinlich bedingt durch die Nähe des Fährhafens Seydisfjördur, wimmelte es hier von Radfahrern. Wir kamen auch mit einer sieben köpfigen Gruppe ( eine junge Frau ) aus Berlin ins Gespräch, die ungefähr unsere Tour entgegengesetzt fuhren. Dabei stellten wir fest, dass wir auf den Kilometer genau, die Hälfte von Reykjavik bis Reykjavik geschafft hatten. Jetzt ging es, mit frischen Vorräten beladen, noch 17 km aus dem Ort heraus bis zu einem rauschenden Gebirgsbach, an dem wir das Zelt errichteten und alles für das rituelle „Pölserfressen“ vorbereiteten und bei dem Jan B., mit acht liebevoll hergerichteten Pölsern (so was wie ein Hot-Dog mit süßem Senf, Ketchup und Röstzwiebeln) unbestrittener Rekordhalter blieb.

Wetter : kalt, feucht und zeitweise windig.
Gefahrene Strecke : 77 km
Schnitt : 15,53 km/h
Max : 46 km/h
Zeit im Sattel : vier Stunden und siebenundfünfzig Minuten.
Essen : Pölser !


Samstag 18.07.98

Nachdem wir relativ spät auf die Räder kamen ( um genau zu sein 10.40 Uhr ), ging es langsam bergan in südliche Richtung. Wir hatten uns vorgenommen, es am heutigen Tage bis über den Öxi- Paß zu schaffen, von dem wir schon sehr viel – allerdings nichts Gutes – gehört hatten. Nach anfänglich angenehmen Fahren durch das gemächlich ansteigende Tal, ereilte uns am Ufer eines See die Plage des Nordens in Form eines riesigen Insektenschwarms – wahrscheinlich „black Flies“ -, die ausgerechnet an einem Steilstück über uns herfielen. Die Biester waren dermaßen penetrant, dass an Anhalten nicht zu denken war. So zum fahren „motiviert“, schossen wir regelrecht den Berg bis zum Abzweig der 939 hinauf, an dem eine steife Brise wehte, so dass sich die feindlichen Flieger nicht in der Luft halten konnten und wir zu einer wohlverdienten Ruhepause kamen. Der vom Abzweig einzusehende Abschnitt der Straße 939, der von einem „Only 4x4“ Schild eröffnet wurde, bereitete uns schon einige Sorgen, da der Straßenbelag aus leidlich festgefahrenen faust – bis kopfgroßen Steinen bestand.

Öxi 1

Bei der Fahrt bis auf Passhöhe, hatten wir verhältnismäßig viel Glück, da die „Straße“ über mehrere Kilometer in Wellen anstieg. Von Fahrkomfort konnte man allerdings nicht reden, da man im kleinsten Gang, mit dem Vorderrad, regelrecht von einem Stein zum nächsten springen musste und das steil bergauf, steil bergab und durchs Wasser. Auf dem höchsten Punkt angelangt, gönnten wir uns eine kurze Pause mit Aussicht auf die andere Seite des Passes, die innerhalb von wenigen Kilometern Meeresniveau erreichte.

Öxi 2

Während der Abfahrt, die Abschnittsweise so steil war, dass wir kurz davor waren abzusteigen zerlegte sich Jan B.´s Vorderrad nebst Low-Raider fast vollständig. Genauer, zuerst brach der Low-Raider und bohrte sich ins Speichenwerk des Vorderrads, dann riss der Bremszug der Vorderradbremse. Erstaunlicherweise gelangten wir, ohne körperliche Schäden und sogar trockenen Fußes (teilweise war es sehr knapp), bis kurz vor den Hof Melshorn, wo wir auf einer Wiese zelteten.

Wetter : bewölkt, mit normalen Temperaturen ( ca.10-15 °C ).
Gefahrene Strecke : 46,5 km
Schnitt : 10,14 km/h
Max : 39,4 km/h
Zeit im Sattel : Vier Stunden und fünfunddreißig Minuten.


Sonntag 19.07.98

Die ersten 20 km stand der Wind für uns günstig, so dass wir schnell den Supermarkt mit Cafeteria in Djupivogur erreichten und einem ausgiebigen Frühstück nichts mehr im Wege stand. Nun folgte die Straße immer schön der Küstenlinie, was zum einen den Vorteil hatte, das sie weitgehend ohne Steigungen verlief, zum anderen aber auch den üblen Nachteil, dass der Wind sehr stark pfiff und das Fahren teilweise zum Horrortrip machte. Am späten Nachmittag kam dann noch das Problem hinzu, dass wir noch kein Wasser für den Abend hatten und laut Karte auf den nächsten 40 km auch nichts zu erwarten sei. Schließlich fanden wir in einem Seitental, wo es aus einer Schutthalde entsprang, aber doch welches und füllten unsere Flaschen.

Südküste

Nach weiteren 10 km an einer Steilküste entlang, kamen wir am Leuchtturm Havalnes an, der für diesen Abend unser Etappenziel war. Das Fahren gegen den Wind hatte uns dermaßen geschlaucht, dass wir nach dem Essen noch ein wenig lasen sowie ein Döschen tranken, ansonsten aber schnell auf den Matten lagen.
Wetter : windig
Gefahrene Strecke : 80,5 km
Schnitt : 14,76 km/h
Max : 61,4 km/h
Zeit im Sattel : fünf Stunden und siebenundzwanzig Minuten.


Montag 20.07.98

Für den heutigen Tag hatten wir uns vorgenommen die Stadt Höfn zu erreichen. Zuerst aber mußten wir weiterhin der Küstenstraße folgen, die uns entlang von imposant aufragenden Küstenfelsen führte. Glücklicherweise war der Wind uns an diesem Tag gnädig gesinnt, so dass das Fahren wieder Spaß machte. Negativ daran war, dass unsere alten Bekannten, die Fliegen diese Windstille nutzten um über uns herzufallen.

Der Grund dafür blieb uns aber verborgen, da sie keinerlei „Stechvorrichtungen“ besaßen und lediglich zu selbstmörderischen Anflügen auf Mund, Augen, Nase und Ohren ansetzten. Gegen Mittag erreichten wir, über die humane Seite, den Pass kurz vor Höfen, von dem aus man eine herrliche Aussicht über die Stadt zwischen Nordmeer und Vatnajökull hatte. Abwärts ging es nun, mit 16 % Gefälle, in die Bucht von Höfen, in der der Wind sehr stark vom Gletscher hinab wehte. Dies verschaffte uns bei der Fahrt in die Stadt hinein einen gewaltigen Schub ;uns graute aber schon vor der Fahrt aus Höfen heraus, da wir aus straßenbautechnischen Gründen die selbe Strecke wieder zurück mußten. In Höfen selbst ( 1700 Einwohner ) war nicht sonderlich viel los, um nicht zu sagen -gar nichts- und so erledigten wir das Nötigste, wie Geld an der Post holen, einkaufen und einen Teil des eben erstandenen an einem Aussichtspunkt verzehren. Dabei muss Jan V. sich so dermaßen überfressen haben, dass er es am Ortsausgang noch so eben auf eine öffentliche Toilette schaffte. Wie schon befürchtet, wurde die Fahrt in Richtung Vatnajökull die reinste Hölle und wir steuerten schon nach wenigen Kilometern eine Tankstelle mit Supermarkt und Cafeteria an, in der wir gut eine Stunde verbrachten. Die Straße führte uns weiter durch große Sander, und wir hatten einen schönen Blick über die mächtigen Ausläufer des Vatnajökull. In der Nähe der Straße fanden wir dann, nach ein paar Kilometern, einen passenden Platz für die Nacht. Direkt hinter dem Zelt erhob sich eine senkrechte Lavawand, an der die beiden Jans noch ein bisschen herumkletterten, bevor wir uns zum kochen und einem Schlummertrunk, ins Zelt zurückzogen.

Wetter : bewölkt und zeitweise sehr windig ( um die 10°C ).
Gefahrene Strecke : 75,6 km
Schnitt : 14,96 km/h
Max : 40,2 km/h
Zeit im Sattel : fünf Stunden und drei Minuten.


Dienstag 21.07.98

Dieser Tag war ganz nach unserem Geschmack, zwar bot die eintönige Küstenstraße, bis auf Meer, steile Küstenfelsen und mächtige Gletscherzungen keine Besonderheiten, dafür aber hatten wir fast zwei Drittel der Tagesetappe Rückenwind und das Reisen konnte, bei diesem Panorama, schöner nicht sein. Die letzten 20 km verliefen, bis auf ein oder zwei Kurven, immer nur geradeaus und das bei plötzlichem Gegenwind. Hinter die Launen des hiesigen Windes, sind wir in den ganzen vier Wochen nicht gekommen, aber scheinbar haben die großen Gletscher, in diesem Fall der Vatnajökull, einen entscheidenden Einfluss auf die kaum nachvollziehbaren Kapriolen, die er urplötzlich schlug.

Das lang ersehnte Ziel, der Kiosk am Lagunensee Jökulsarlon, der von aus Bussen ausgespuckten Touristen nur so belagert wurde, entpuppte sich als für uns fast unerschwinglich teuer, zumal man für den horrenden Kaffeepreis nur zwei Tassen trinken durfte. Unser Lagerplatz am Gletschersee, entschädigte wieder, wie so oft, für alle ausgestandenen Strapazen und Ärgernisse des Tages. Nachdem sich noch ein alleinreisender deutscher Radfahrer neben uns und eine Gruppe Franzosen über uns eingefunden hatte und die Amphibienfahrzeuge Klaki und Laki mit ihren Touristen verschwunden waren, kehrte langsam Ruhe an der Gletscherlagune ein.

Gletscherlagune

Beim Kochen und Lesen vor und später im Zelt konnten wir dann noch Enten und eine Robbe zwischen den Eisschollen beobachten. Außerdem bot die untergehende Sonne hinter dem Gletscher ein herrliches Schauspiel und Andree schoss ca. ein Dutzend Fotos aus allen möglichen und unmöglichen Perspektiven.
Eisgebilde


Eis-Skulpturen


Wetter : trocken und windig ( um die 12°C )
Gefahrene Strecke : 57 km
Schnitt : 16,02 km/h
Max : 42,3 km/h
Zeit im Sattel : drei Stunden und dreißig Minuten.


Mittwoch 22.07.98

Der Wind stand an diesem Tag immer noch auf unserer Seite, so dass wir mit Schwung unserem Tagesziel, dem Skaftafell – Nationalpark, entgegenrollte.

Vatnajökul am Horizont


Rad vor Vatnajökul

Nach 42 km erreichten wir eine Tankstelle mit selbstverständlichen Anhängseln, wie Supermarkt und Kaffeestube, die von einer „netten jungen Frau“, die sogar gebrochen Deutsch sprach, geführt wurde. Hier machten wir eine ausgiebige Pause, die wieder ein tiefes Loch in die Kasse riss. Man gönnt sich ja sonst nichts !

Die Weiterfahrt zum Skaftafell gestaltete sich ein wenig feucht, aber glücklicherweise klarte es gegen Abend wieder auf, so dass wir noch einen Spaziergang zum Svartivoss machen konnten. Dieser „schwarze Wasserfall“, fiel ungefähr 15m über Basaltsäulen, die wie Orgelpfeifen in einer Kirche aussahen. Auf dem Rückweg, ließen sich die beiden Jan´s, von Andree, vor der Kulisse des 2119m hohen Hvannadalshnukur – Islands höchstem Berg – ablichten. Andree kam am Abend noch mit zwei Zweiergruppen junger Frauen ins Gespräch, die jeweils fünf Wochen mit dem Bus und als Tramperinnen durch Island unterwegs waren, letzteres aber, wegen den spärlich befahrenen Straßen, nur bedingt ausführen konnten. Für den nächsten Tag hatten wir eine kleine Wanderung im Nationalpark geplant und ließen deshalb den Abend, mit ein wenig Lett-?l ausklingen.

Wetter : erst trocken, dann feucht und immer Wind von hinten.
Gefahrene Strecke : 58 km
Schnitt : 17,96 km/h ! ! !
Max : 40,7 km/h
Zeit im Sattel : drei Stunden und dreizehn Minuten.


Donnerstag 23.07.98

An diesem Morgen waren wir schon um zehn nach sieben auf den Beinen und nutzten das Angebot warmen Wassers auf dem Zeltplatz. Nachdem wir ein recht karges Frühstück – Knäckebrot, Butter und „Tonno“ am Zelt verzehrt hatten, ging es zum Supermarkt, in dem wir uns noch einen Joghurt oder Skyr besorgten und sofort verzehrten. Langsam fielen die ersten unschuldig anmutenden Regentropfen, die für uns aber noch keinen Anlass zur Sorge boten. So zogen wir frohen Mutes den Berg hinauf und überholten die ein oder andere Wandergruppe. Nach zwei oder dreihundert Höhenmetern gerieten wir dann so langsam in die Wolkendecke und die Frequenz, der auf unsere Jacken trommelnden Tropfen stieg beunruhigend an, so dass wir nach einem kurzen Rundblick beschlossen, den Rückweg anzutreten. Auf diesem wurden dann, unsere Hosen und später die Schuhe langsam aber sicher durchnässt, so dass wir, leicht deprimiert von diesem missglückten Ausflug, unser Zelt abbauten, die Klamotten packten und uns zum trocknen in der Cafeteria niederließen. Dort versuchten wir, mit jedes mal leicht verändertem Outfit, mehrere Kaffee nacheinander zu bekommen.

Zur Erklärung : Auf dem Land ist es üblich einmal den Kaffee zu bezahlen und dann fast unbeschränkt zu trinken. In der Regel drei. Kommt halt auf´s Wetter an ! In eher kommerziell ausgerichteten Einrichtungen ist der Kaffeepreis verhältnismäßig hoch und der Kaffeegenuss auf maximal zwei Tassen beschränkt, was wir mit dieser Aktion zu umgehen suchten. Nachdem gut zwei Stunden vergangen waren und der Regen immer noch unablässig niederprasselte, entschlossen wir uns die Sachen zu packen und aufzubrechen. Wegen des Regens kamen wir auf die glorreiche Idee, zu unseren Wetterjacken (Außentemperatur 5-7 °C) kurze Hosen und Teva – Sandalen ohne Socken anzuziehen.

Nachdem noch das nötigste im Supermarkt eingekauft war, fuhren wir im strömenden Regen los ; man kann sich denken, dass wir die Show in der Tasche hatten. Für die nächsten 30 km führte unser Weg durch das Sandergebiet der Skeidará. Der Skeidarársandur ist mit einer Fläche von 1000 km² die größte Sandwüste Islands und wurde erst im Jahre 1974, mit riesigem Aufwand, durch eine Straße erschlossen. Leider konnten wir in dieser grau schwarzen Sandwüste die Ausläufer des Gletschers nur erahnen, aber trotzdem wirkte diese Fahrt sehr befremdlich auf uns und wir versuchten die gute Laune nicht zu verlieren, was in Anbetracht der Umstände aber gar nicht so einfach war. Nachdem wir die Lava - Asche hinter uns gelassen hatten, durchfuhren wir wieder ein vernünftiges Lavagebiet, die Brunahraun, die 1783/84 beim Ausbruch der Laki-Spalte (Lakagigar) entstanden war. Dieser Spaltenvulkan besteht aus 115 Einzelkratern, mit insgesamt 25 km Länge und setzte bei seinem Ausbruch eine Lavamenge frei, die ein Gebiet von 565 km² bedeckte. Rund 8000 km² wurden unter einem Ascheregen begraben und es starb damals rund ein fünftel der isländischen Bevölkerung an den direkten und indirekten Folgen.

An dem ersten Klarwasserfluss, den wir querten, machten wir für diesen Tag Schluss und das an sich eiskalte Wasser erschien uns, beim säubern der nackten Beine von Lavastaub, sogar angenehm warm. Es wurde also höchste Zeit, das wir in die warmen Schlafsäcke kamen. Eins erschien uns allerdings als sicher, wenn wir nach diesem Tag keinen schlimmeren Schnupfen bekamen, dann würden wir nie wieder einen bekommen.

Wetter : naß !
Gefahrene Strecke : 45,6 km
Schnitt : 19,04 km/h ! ! ! ( Rekordverdächtig oder ?)
Max : 27,9 km/h
Zeit im Sattel : zwei Stunden und zweiundzwanzig Minuten.
Essen : erst eine Frühlingssuppe, dann Spaghetti und dann Kekse.



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